Ägypten?
Tobi taucht nun seit September 2007 und war bereits im Mittelmeer, im Atlantik und in der Andamanensee, aber noch nie im Roten Meer. Irgendwie komisch dachten wir uns, da das Rote Meer ja eigentlich das Top-Tauchreiseziel der Deutschen ist. Also – nix wie hin….
Flamenco Beach Resort in El Quseir
Richtung Süden sollte es gehen, dahin, wo noch keine 20 Tauchboote gleichzeitig ankern und man vor lauter Flossen keine Korallen mehr sieht. Außerdem war für uns nach der „Geguideten – Hetze“ in Thailand ein wichtiges Entscheidungskriterium, endlich mal ohne Guide in unserem Tempo und wann und wo wir wollen tauchen zu können. Also haben wir uns für das Flamenco Beach Resort in El Quseir entschieden und waren gespannt, ob es nur 160 km südlich von Hurghada tatsächlich so viel ruhiger und entspannter zugeht. Und ja, es war wirklich so, wie wir es uns für diesen Urlaub gewünscht haben: Über Wasser hätte es ruhiger nicht sein können und auch unter Wasser waren wir, sprich eine Jeep-Ladung Taucher – bis auf unseren selbst gewählten Touristen-Magneten Abu Dabab – fast immer die einzigen.
Aber nun von vorne
Ursprünglich hatten wir geplant, kaum Ausfahrten mitzumachen und demnach überwiegend am Hausriff zu tauchen. Diese Planung hat sich eigentlich schon zu Beginn relativiert, da das Hausriff zwar schön, aber die umliegenden Tauchplätze viel zu spannend waren, um sie mehr oder weniger auszulassen.
Das Hausriff
Das Hausriff ist über einen 150 Meter langen Steg zu erreichen, Flasche und Blei bekommt man zum Einstieg gebracht. Meist geht die Strömung (wobei wir eigentlich nie eine Strömung bemerkt haben) von Nord nach Süd, daher taucht man die auf 60 Meter abfallende Steilwand meist zuerst gen Norden. Beim letzten Tauchgang sind wir auch mal ein Stück in die andere Richtung getaucht, haben aber festgestellt, dass die nördlich Seite schöner bewachsen ist. Am Hausriff gibt es zwar nicht den Korallenbewuchs, der einen „Ohh“ und Ahh“ sagend das Wasser verlassen lässt, aber sehr schön ist es trotz allem. Wir haben dort viele Muränen gesehen, oftmals auch freischwimmend, Drachenköpfe, eine Schildkröte, einen Napoleon, Feuerfische, Makrelen und beim Nachttauchgang einen riesigen Steinfisch sowie eine Spanische Tänzerin. Was erwartet man also mehr? Während unseres Urlaubs wurden ziemlich häufig Delfine am Hausriff gesehen, das Glück hatten wir aber leider nicht. Dafür war uns auf dem Riffdach ein Adlerrochen vergönnt, den wir sogar ganz ohne Tauchgerödel beobachten durften. Das einzige, was uns nicht ganz so gut gefallen hat, war der ungünstige Lichteinfall, durch den es ab dem späten Vormittag meist recht dunkel am Riff war.
Die Touren
Neben den Hausrifftauchgängen haben wir überwiegend Halbtages-Jeeptouren unternommen, die folgendermaßen abliefen: Alle Mann ab in den Jeep (Büsschen), maximal 50 Minuten gen Norden oder Süden fahren, irgendwo am Meer mit nur Wüste drumherum anhalten und dann „Briiieeeeeefing“, meist bei Mohamed oder Mirko. Neben den Besonderheiten des jeweiligen Tauchplatzes waren insbesondere die Seekuh-Tendenz (dazu später mehr) und die rote Kiste für unseren verletzungsfreudigen Buddy Bianca relevant. Da wir ohne Guide tauchen durften, konnte sich nach dem Briefing unser schnell zusammengefundenes vierer Buddyteam, bestehend aus Tobi, Bianca, Marco und mir, auf den extra dafür ausgelegten Teppichen anrödeln und dann ab ins Wasser. Der Weg ins Wasser gestaltete sich meist recht anstrengend, da man immer ein unebenes und glitschiges Stück Riffdach zu überwinden hatte. Der Einstieg mündete dann oft in einer kleinen Lagune, von wo aus es zunächst durch Canyons oder Höhlen ging.
Schwierigkeitsgrad …
Der Schwierigkeitsgrad der Tauchplätze hielt sich auf einem leichten Niveau und damit stand relaxten Tauchgängen mit einem schönen Korallenbewuchs (wobei der in keinster Weise mit Thailand zu vergleichen ist) und –Formationen nichts mehr im Weg. Nur die Sichtweiten variierten ziemlich stark. Dafür waren wir aber auch mit dem, was wir an Viechern gesehen haben, mehr als zufrieden. So hatten wir beispielsweise bei den ersten fünf Tauchgängen eine Schildkröte zu bewundern und auch danach immer mal wieder eine, außerdem Feuerfische, Blaupunktrochen und Riesenmuränen en masse, Krokodilsfische, Kalmare, einen echt großen Malabar-Zackenbarsch, Thunfische, Anemonenfische, Steinfische, Drachenköpfe und Oktopusse, um nur mal das zu nennen, was mir auf Anhieb einfällt.
Die blöde Seekuh …
Nur eine Begegnung mit der berühmt-berüchtigten Seekuh, die war uns nicht vergönnt. Klar, in Abu Dabab soll sie schon seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen worden sein, dessen waren wir uns schon bewusst. Nichtsdestotrotz wurde sie dann natürlich das erste Mal seit drei Monaten an genau dem Tag, an dem wir ursprünglich nach Abu Dabab wollten dort, na toll… Viel schlimmer war aber, dass uns alle von dem Tauchplatz Sheik Malek vorschwärmten, an den die Seekuh momentan fast immer anzutreffen sei. Alle Taucher, die in der Woche vor uns dort waren, haben sie auch tatsächlich gesehen und waren begeistert. Nur bei uns hat sie sich nicht blicken lassen… So sind wir mit insgesamt 26 Tauchern 45 Minuten lang lärmend (das finden die Seekühe angeblich ganz spannend) über eine Seegraswiese getaucht und haben uns zu Tode gelangweilt. Endgültig vorbei mit unserer Freundschaft zur Seekuh war’s dann aber, als uns beim Abendessen brühwarm erzählt wurde, dass die Seekuh an einem Tauchplatz, an dem wir natürlich zwei Tage vorher erst waren, gesehen wurde. Kurzerhand wurde die Seekuh dann für diesen Urlaub in die „blöde Kuh“ umgetauft….
Salem Express …
Ein besonderes Highlight war noch unser Tauchgang an der Salem Express. Die Salem Express ist ein ägyptisches Fährschiff mit einer Länge von 110 Metern und 18 m Breite. In der Nacht des 16. Dezember 1991 lief die Salem auf dem Weg in die ägyptische Hafenstadt Safaga während eines Unwetters auf das Riff Shaab Shair auf und schlug Leck. Insgesamt kamen ca. 700 Menschen, überwiegend Pilger auf der Rückreise von Mekka, dabei uns Leben. Ich hatte am Anfang Skrupel, ein Wrack zu betauchen, in dem so viele Menschen gestorben sind, im Endeffekt bin aber sehr froh, es gemacht zu haben, da der Tauchgang wirklich beeindruckend und das Wrack sehr gut erhalten und toll mit Korallen bewachsen war.
Tauchplätze
So, zu guter letzt noch eine Auflistung der Tauchplätze, die wir um El Quseir kennengelernt haben:
- Abu Sawatir
- Flamenco Hausriff
- Marsa Waleed
- Meheleg
- Sheik Malek
- Bet Goha
- Salem Express
- Shaab Shair West
- Abu Dabab
- El Makluf
- Abu Hamra
- Mangrove Inside
- Saleem
- Sana Bay
Die Tauchbasis
Getaucht sind wir mit diving el flamenco. Die Basis ist wirklich unglaublich gut organisiert und die Abläufe sind bis auf die oftmals nicht ausreichend vorhandenen 15 Liter Flaschen nahezu perfekt strukturiert. Zu Beginn muss man erst einmal einiges an Formalitäten erledigen und auch für jeden, gleich welcher taucherischen Vorerfahrung, ist der Checktauchgang obligatorisch. Der Check dauert jedoch nicht länger als 5 Minuten, so dass man danach noch einen entspannten Tauchgang genießen kann. Jeden Tag werden zwei Halbtagstouren (vor- und nachmittags) angeboten. Dazu gibt es aber immer noch weitere Angebote; entweder Bootstouren oder Ganztagestouren. In Kombination mit der Möglichkeit, jederzeit das Hausriff betauchen zu können hat man somit wirklich die Möglichkeit, sich seine Tauchtage absolut individuell zu gestalten.
Die beiden Basenleiter Christine und Andreas sind super hilfsbereit und freundlich und erfüllen eigentlich alle realistischen Wünsche ihrer Gäste. So haben wir uns beispielsweise häufiger bestimmte Tauchplätze gewünscht, die dann auch fast immer gleich angeboten wurden. Das einzige Manko sind die ziemlich hohen Preise, die einen gerade im Vergleich zu Hurghada wirklich Schlucken lassen.
Fazit
Wer ein entspanntes, ruhiges und individuelles, aber dennoch super organisiertes Tauchen fernab von Tauchermassen sucht, ist hier genau richtig (nur auf’s Geld sollte man dabei nicht so achten) Man muss sich nur dessen bewusst sein, dass man außer Tauchen nicht viel unternehmen kann, aber für uns war es in diesem Urlaub genau das Richtige, da der Entspannungsfaktor einfach wahnsinnig hoch war.
September 2009